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Rede von Dr. Aneliese Hübscher

ECKART MEISEL "Malerei, Grafik, Plastik" In der Industrie und Handelskammer Vernissage am 16.9.2004


Die heutige Ausstellung hier im Foyer der IHK zeigt Plastiken, Ölmalereien und Computergrafiken von Eckart Meisel. Er wurde 1955 in Leipzig geboren und wuchs in einem künstlerisch aktiven Elternhaus auf. Wie andere kunstbesessene junge Menschen dränge er an die Leipziger Hochschule für Grafik und Buchkunst, wo er auch immatrikuliert wurde. Aber schon sehr bald wurde ihm bewußt, daß dies nicht sein Weg zur Kunst war. Unbeeinflußt von Lehrplänen und Lehrdoktrinen mußte er sich selbst finden. Längst ist er angekommen in seiner phantastischen , phantasieanregenden Kunstwelt. Diese Kunstwelt ist eine faszinierende Phantasiewelt, in der sich reale Gestalten und Geschöpfe alter Mythen und der christlichen Religion, seltsam tiermenschliche Wesen Pflanzen und abstrakte Gebilde in trauten oder skurrilen Situationen zusammenfinden und uns emotional anrühren und uns suggestiv anziehen.

Dies geschieht in seiner ganz persönlichen eigenwilligen Formsprache, die in aquarellartig fließenden Übergängen den Wandlungsprozess von der Realität hin zu fabulierender Phantastik oder surrealer Verfremdung Traumsequenzen gleich - bis hin zu gestaltauflösender Abstraktion möglich macht, ja überzeugend erscheinen läßt. Die Methamorphose ist sein großes Thema, wobei die klassischen Topoi eine originelle individuelle Wandlung erfahren und sich mit Neuprägungen mischen. In dieser seiner Kunstwelt schließen sich Gemälde, Grafiken, Plastiken und auch seine Keramiken zu einer vollkommenen ästhetischen Einheit zusammen. Ohne jeden Bruch geben sie sich als künstlerische Geschöpfe die aus der reichen Phantasiewelt eines begabten Künstlers entsprangen, zu erkennen. Es bereitet mir - und ich hoffe auch Ihnen - ein ungeheueres ästhetisches Vergnügen, in diese Welt seiner Kunstgeschöpfe und Objekte einzutauchen, seine Arbeiten zu betrachten, zu ergründen und mich zum weiterfabulieren anregen zu lassen. Sicher, vieles ist nicht bis ins letzte Detail rational erklärbar - soll es auch gar nicht sein. Gerade darin, daß sie ihr letztes Geheimnis nicht preisgeben und auch der Phantasie des Betrachters noch einen Freiraum lassen, liegt ein eigener Reiz. Wobei die subtile, feindifferenzierte oder intensiv aufleuchtende Farbigkeit eine ungeheuere Faszination ausübt.

Aber - auf ein Phänomen muß ich noch zu sprechen kommen, auf einen scheinbaren Widerspruch. Diese Farbgrafiken - Zeugnisse einer ungewöhnlich reichen,individuellen schöpferischen Phan­tasie und ästhetischen Sensibilität entstanden mit Hilfe des modernsten technischen Mediums unserer Zeit: auf dem Computer. Und mit Hilfe dieses Computers, der für unendlich viele schnelle geschmacklose optische Lösungen verantwortlich gemacht wird - verantwortlich gemacht werden kann - hat Eckart Meisel eine neue künstlerische Freiheit gewonnen und einen weiteren gestalterischen Durchbruch erzielt, hin zu einer in sich geschlossenen und überzeugenden Ausdruckskraft. Ursprünglich eine Notlösung wurde er zu einem unverzichtbaren Impulsgeber.

Wenn die kleine Ladengalerie in einer Passage des Städtischen Kaufhauses während der Öffnungszeiten weder von interessierten Besuchern noch von Käufern frequentiert wurde mußte die tote Zeit irgendwie genutzt werden. Anfangs versuchte Eckart Meisel zu malen, doch das scheiterte an den schlechten Lichtverhältnissen. Also begann er den Computer im Hinblick auf seine freikünstlerischen Gestaltungsmöglichkeiten auszuloten und entdeckte für sich eine neue Freiheit zu experimentieren. Gedanklich-Konzeptionelles konnte er ebenso wie unterschiedliche Formabläufe in Variationen durchspielen - befriedigende oder überraschende Lösungen speichern, andere löschen. Jederzeit konnte er sich erneut mit den zurückgestellten Konzepten erneut auseinandersetzen. Es war ein langer, arbeitsintensiver Prozess von den Anfängen bis zu den heute hier gezeigten reifen Leistungen, aber auch das einzelne Blatt betreffend. An manch einer Grafik zog sich die Arbeit über Monate, ja manchmal Jahre hin. Er suchte nicht nach der schnellen, sondern nach der befriedigenden Lösung, die letztlich dann auch uns überzeugt. Natürlich spielte auch der finanzielle Aspekt eine Rolle. Die künstlerischen Arbeitsmaterialien: Malpappen, Papier, Leinewände und Farben sind sehr teuer. Muß man mißlungene Versuche vernichten ist dies eine enorme Kostenfrage und so entsteht ein ungeheuerer Druck, dies zu vermeiden, sich möglichst auf kein Risiko einzulassen. Die Arbeit am Computer schließt beim Verwerfen und Neukonzipieren das finanzielle Risiko aus und lädt regelrecht zu weitergehenden versuchen und zu Steigerungen ein. Kunst ist eben auch von diesen scheinbar außerkünstlerischen Faktoren abhängig, vor allem dann wenn die Arbeiten zwar Liebhaber keine oder nur wenige Käufer finden, der Künstler aber seinem unverzichtbarem Drang folgen muß, Kunstwerke zu schaffen. Aber die Computergrafik hat auch einen Vorteil für den Käufer, denn der Künstler kann sie bedeutend preiswerter anbieten als vergleichsweise eine Farblithografie. Interessant ist weiterhin - wenn wir schon einen Blick auf den künstlerischen Schaffensprozess werfen, daß Eckart Meisel nach seiner Arbeit am Computer fast zwanghaft zu den traditionellen künstlerischen Materialien zurückkehren muß und auf ganz traditionelle Weise Plastiken und Keramiken m it den Händen formen muß. Das Erspüren und manuelle Herausarbeiten einer Form und neuer Formvorstellungen ist die Grundvoraussetzung für ihn, ehe sie dann als abrufbares und variables Gestaltungselement in seinen imaginären Formenschatz eingeht. In ähnlicher Weise ist auch die Ölmalerei, die ebenso wie die Grafik nach einer zweidimensionalen bildhaften Verdeutlichung strebt, Prüfstein und Messlatte seiner Bildphantasien.

Alles in allem präsentiert uns Eckart Meisel ein hochinteressantes OEuvre zwischen traditionellen und modernen Medien - eine individuell absolut eigenständige und überzeugende künstlerische Leistung.

Ich würde mir wünschen, im Interesse des Künstlers vor allem aber auch im Interesse der Arbeiten, daß sie den Weg zu uns finden - unseren Alltag und unser Leben verschönern und bereichern.


Anneliese Hübscher




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