Anemone
und Eckart Meisel sie 1950, er 1955 geboren, leben und arbeiten
gemeinsam in einer Wohnung, die sie mit ihren vier Kindern
teilen. Das älteste der Kinder ist sechzehn Jahre, das jüngste
vier Monate alt. In die Krippe sollte keines gehen. So ist die
immerwährende Nähe dieser Kinder als ständige Anregung, und
Bedrängung gleichermaßen in das Schaffen beider Künstler
eingegangen. Anemone Meisel hat 1984 an der Leipziger
Hochschule für Grafik und Buchkunst ihr Diplom erhalten.
Begonnen hatte sie ihr Studium 1977. Während der Studienzeit
brachte sie ihr zweites und drittes Kind zur Welt, Eckart Meisel
hat nur das erste Studienjahr (1979/83) an der Hochschule
absolviert. Er ist als Autodidakt seinen Weg gegangen. Das von
beiden vorliegende Werk ist sehr unterschiedlich. Unterschiedlich
in Quantität und Herangehensweise. Immer wieder unter Zeitdruck
unterbrochen durch die Geburten der Kinder, längere Krankheiten
ist das Werk der Anemone Meisel bruchstückhaft erst und
sporadisch. Wenige Holzschnitte und Malereien sind es bisher, die
allerdings eine sensible Künstlerin verraten. Zwischen den
Jahren 1984 und 86, vor der Geburt ihres vierten Kindes, war ihre
bisher produktivste Zeit. Intensive kleinformatige Malereien
zeigen eine Welt lichter Farbigkeit, bevölkert von Frauen und
Kindern. Empfindsam moduliert oder breit aufgetragen" wird,
die Farbe, zum wichtigsten Ausdrucksträger ihrer Bilder. "Zwee
Naggsche" kräftige Frauenkörper am Strand, in sich
versunken ganz Da- Sein in einer durchsonnten Landschaft, die
Körper eins mit sich und dem Lebensraum. Leise Poesiebricht aus
dem Bild, sie durchweht auch die anderen Arbeiten, blüht sogar
ab und an grell auf. Menschlichkeit und Würde, die "Königin
mit Fächer und Katze" wie auch der kleine König in seinem
Kinderreich, noch im Einvernehmen mit der Schlange. Alles fern
von Hektik ein Gang in die innere Welt. Ausgeklammert bleibt der
Widerspruch zwischen Kindern, sozialem Umfeld und dem Wunsch nach
mehr freier Zeit für schöpferisches Arbeiten. Er scheint
zugedeckt von einer stillen Sehnsucht aus der heraus Farben und
Formen leuchtende Harmonien produzieren. Nur zweimal ironische
Brechung ins disziplinierte Maß des Bildes zurückversetzte
Fragen, "Frau und Mann", "Mann und Frau". Ist
die Frau im Bild' dominierend, hält der Mann, Abstand, Ist es
umgekehrt, lehnt sich die Frau an den Mann an. Was kostet
Selbstbewusstsein, ist beides zu haben Selbstbehauptung und
Geborgenheit? Eckart Meisel hat, ein anderes Werk vorzuweisen,
eine ununterbrochene Kontinuität, ausufernden Suchen,
wechselnder Ausdruck, expressives Zerwühlen und Flächenhaft
ornamentales Gebundensein. Auch bei ihm ist der Bildraum geprägt
vom Erlebnisraum der Familie. Doch unmittelbarer als bei seiner
Frau, häufig ironisch, skurril gebrochen. Gleichwohl der
Künstler den heiteren Matisse liebt, das "gedankenschwere
Deutsche" nicht sonderlich mag, kann er es dennoch aus
seinen Arbeiten nicht ganz verbannen. Seine Malereien sind immer
auch Lebensbewältigung, Problemverarbeitung. So auch weitet sich
die Sicht von der Familie in die, Zeit hinein, werden
Gefährdungen des Menschseins, Versuchungen, Irrtümer
transparent. Skurriler Humor, Leichtigkeit sind ihm dabei Schutz,
helfen ihm Distanz zu finden. Auf zweien seiner Bilder sind Mann
und Frau als Hähne und Hühner gegeben, Das spreizende Gegacker
übertönt, die existentiellen Bedrängnisse, die Ängste im Mit-
und Gegeneinander der Geschlechter obwohl es in der splitternden
Formsprache latent bleibt. Ähnlich, wenn auch formal anderes die
eigenwillige Badeszene, bei der die vier nackten Gestalten in je,
ein Bildviertel verwiesen wurden; zusammengekauert, sich in
Positur setzend oder ausspähend nach dem anderen. Auch hier
setzt Ironie eine Grenze die wie das Wasser die zwei Drittel
eines Eisberges hier das Ausmaß drohender Vereinsamung verdeckt.
Doch es gibt genügend Malereien die, sich ohne ironische Distanz
offenbaren. Die "Abtreibung"; auf einem Fell steht die
nackte Frau, ein Paar geht aus dem Bildraum, ein Kind bleibt
zurück, allein. Alles scheint auseinander zu streben, die
Flächen werden zum Existenzraum, die Dekorationen verflüchtigen
sich. Daneben heitere, unbeschwerte Bilder. Die "Dicke Frau
auf dem Teppich", Fläche und Körper beziehen sich
aufeinander, Ruhe und Konzentration, dünner, matter Farbauftrag.
Die "Kinder auf dem Dreirad, hingeschrieben, festgehalten,
locker und zugleich intensiv. Das Portrait "Frau mit Katze",
ruhige Gewissheit, in die Fläche eingeschriebenes Ornament,
Gesicht und Hände leuchten auf, die hellen Hände bergen
behutsam die Katze. In letzter Zeit haben sich die zerwühlten
Hintergründe beruhigt, die Konzentration liegt auf den Figuren
die: bewußter in die Flächen gesetzt werden. Die
expressiv gesteigerte Körper- und Gebärdensprache hingegen
bleibt erhalten, kantige Linien betonen vielfach die Umrisse, ein
flächenstrukturierender Rhythmus scheint immer stärker den Bau
der Bilder zu bestimmen. Das ist gleichermaßen Ausdruck
gewonnener innerer Sicherheit wie gereiften formalen Vermögens.
Auf seine grafischen und keramischen Arbeiten kann hier nur
hingewiesen werden. Sie stehen in folgerichtigem Zusammenhang,
mit den Malereien. Die keramischen Plastiken wirken dabei wie aus
den Bildern gewachsene Figuren, herausgedreht, herausgeschraubt.
Hier nun der unverhüllte Spaß an ironisch - hintersinniger
Übertreibung, an holpernder Übersteigerung.
Ina Gille
|